Sikkim-Bhutan
Im Land der glücklichen Drachen
Meine Reise nach Sikkim und Bhutan sollte eine meiner bisherigen Reisehöhepunkte werden.
Auf holprigen Straßen, bei uns wären das bessere Feldwege, ging es in Darjeeling hinauf in höhere Lagen. Eine Fahrt mit der Schmalspurbahn in Ghom ist ein unvergessliches Erlebnis. Auch das wäre bei uns undenkbar, eine Bahn mitten durch eine belebte Stadt und sehr eng an den Häusern vorbei, sodass man den Bewohnern in die Teetasse blicken kann. Ich möchte diese Fahrt um kein Geld auf dieser Welt missen.
Die Inder in diesem Teil des Landes sind ausgesprochen freundlich und was das indische Essen anbelangt, nun, darüber hülle ich lieber den Mantel des Schweigen. Ich bin nun mal kein Freund der indischen Küche, obwohl ich Indien sehr gerne bereise. Andere Mitreisende liebten die indische Küche umso mehr. Das ist eben Geschmacksache.
Aber die herrlichen Teeplantagen entschädigten mich auf andere Art für meine entgangenen Gaumenfreuden.
Weiter ging es über die Grenze nach Sikkim, das seit 1975 Indien mehr oder weniger einverleibt wurde, aber trotzdem noch eine eigene Grenze unterhält, mit Passkontrolle, Einreisestempel etc. wie man es eben bei Grenzübergängen kennt.
Wer sich über die relativ schlechten Straßenverhältnisse in Darjeeling noch gewundert hat, der bekam in Sikkim noch einen drauf gesetzt. Durch den immer wiederkehrenden Monsun und die schlechte Instandsetzung wird die Fahrt durch dieses ehemalige Königreich im Himalaya zu einer Schlaglochrallye. Rechts ging eine Felswand steil nach oben und links schaute man in eine unendlich tiefe Schlucht hinunter. Kein Strohhalm, an dem man sich im Notfall hätte festklammern können. Aber Angst ist vollkommen fehl am Platz. Die Fahrer sind eine Klasse für sich und es gibt viel zu sehen.
Und dann passierten wir die Grenze ins Land der Drachen, in dem in der Verfassung geschrieben steht, dass alle Bewohner Bhutans das Recht auf Glück hätten. Es schien so, als sei dies wirklich der Fall. Wo gibt es in einer anderen Hauptstadt nur eine Ampel und die ist auch noch ausgeschalten. Trotzdem gab es kein Verkehrschaos und der Polizist hatte noch Zeit die Zeitung nebenbei in seinem Häuschen zu lesen. Die Eselsherde, die durch die Stadt trabte, hielt sich an die Vorschriften der bhutanischen Straßenverkehrsordnung, sodass er nicht eingreifen musste.
Für mich waren die Dzongs, die Festungsklöster, der wahre Höhepunkt von Bhutan. Ich konnte nicht genug bekommen, auch wenn die Klöster meistens erst durch einen beschwerlichen Anstieg zu Fuß erreichbar waren. Und das Tigernest, das Kloster Taktsang, das sich auf 3.300 Meter an die bhutanischen Felsen anschmiegt, ist für mich ein absolutes Muss, auch wenn der Weg hinauf etwas beschwerlich war. Aber man besucht Paris auch nicht, ohne den Eiffelturm gesehen zu haben.
Die Menschen in einem Land müssen einfach glücklich sein, wenn selbst Hunde sich mitten auf der Straße ein Nickerchen erlauben können und eine Yakkuh, des Milchgebens überdrüssig und den Freitod mitten auf einer belebten Straße suchend, nicht überfahren wird. Nein, die Autos fahren um sie herumfahren. Da muss die Welt noch in Ordnung sein!
November 2009, R. J.