Seidenstraße I

"Auf der Seidenstraße von Almaty nach Xi'an"

Seit Jahrzehnten war es schon ein großer Wunsch von mir die Seidenstraße zu bereisen. Mit der Zeit lernte ich, dass die Seidenstraße nicht nur eine Straße ist, sondern viele Wege von der früheren Kaiserstadt Xi'an nach Europa führten.

Endlich war es soweit, dass eine Reise mich in umgekehrter Richtung meinem Ziel näher bringen sollte. Einen Tag vor dem Abflug streikten die Flugbegleiter. Mein Flug fiel ersatzlos aus. Ich wollte eigentlich vor meiner Reisegruppe in Almaty sein und diese Stadt, noch in der Sowjetzeit unter dem Namen Alma Ata bekannt, schon mal etwas ausführlicher alleine erkunden.

Mein Reisebüro, das beste zwischen Xi'an und Regensburg, hatte alles schon wieder für mich neu organisiert und mir den letzten freien Platz auf der Maschine erkämpft, mit der auch meine künftige Reisegruppe fliegen würde. Es gab zwar jetzt keinen ausführlichen Besuch von Almaty, aber die  Seidenstraße konnte ich bereisen. Allerdings glaubte ich es erst, als die Maschine abhob und ich dann in Almaty ausstieg. Jetzt konnte mich definitiv nichts mehr aufhalten.

Leider war die Zeit für Almaty etwas zu kurz, aber was ich bereits hier erlebt habe, war schon interessant. Und ein kasachisches Essen in einer Jurte hat man auch nicht alle Tage, wobei Stuten- und Kamelmilch, für einen Bayern nicht unbedingt ein Genuss sind.

Eine längere Fahrt von Almaty nach Yining (China) bedeutete auch immer wieder mal einen Halt in einem Ort oder bei einem Markt auf der Straße nach China. Im Nu waren wir von Kasachen umringt, die freundlich mit uns sprachen und sich gerne mit uns fotografieren ließen. Die Verständigung klappte mit Zeichensprache, einem Lächeln und einigen Brocken Englisch unsererseits. Es funktionierte perfekt!

In China kamen wir zu einem Viehmarkt, der uns nur so ins Staunen versetzte. So etwas gibt es bei uns nicht mehr, umso interessierter verfolgten wir das Geschehen. Und wenn man in einem Nomadenlager einen Steinadler mit knapp drei Meter Flügelspannweite auf den Unterarm gesetzt bekommt, dann ist man fast nicht mehr von dieser Welt. Ein unbeschreibliches Gefühl, das ich nicht missen möchte.

Die Landschaften, die wir auf chinesischer Seite durchfuhren, erinnerten irgendwie stark an die Canyons in den USA, wie den Bryce oder den Grand Canyon mit ihren verschiedenen Gesteinsformationen und -farben. Steppenartige Landschaften mit Kamelherden wechselten sich ab mit Berglandschaften, wo die Yaks weideten. Wir sahen Gletscher und andere bizarre Landschaftsformen. Die teilweise sehr langen Fahrstrecken wurden nie langweilig. Es gab viel zu sehen und zu entdecken. Und eine köstliche Nudelsuppe in einem unscheinbaren kleinen Restaurant am Wegesrand stärkte uns für die weitere Fahrt.

Basare und andere uigurische bzw. chinesische Sehenswürdigkeiten brachten weitere Abwechslung in diese tolle Reise.

Kashgar, eine Stadt, die man zwar aus Erzählungen kennt bzw. von ihr schon des Öfteren gehört hat, selbst zu erleben, mag auf den ersten Blick vielleicht etwas enttäuschend sein. So eine Stadt entwickelt sich auch weiter und bleibt nicht in der Zeit von „Tausend-und-einer-Nacht“ stehen. Trotzdem war es ein unbeschreibliches Erlebnis für mich.

Und dann kam mein persönlicher Höhepunkt auf dieser Reise, die Fahrt durch die Wüste Taklamakan. Was habe ich schon über diese Wüste gelesen. Sven Hedin wäre fast in ihr verdurstet und jetzt sollte ich sie durchqueren; zwar nicht wie in alter Zeit, aber immerhin. Auch wenn es heute ein Leichtes ist diese Wüste zu durchqueren, so war es doch ein sagenhaftes Erlebnis.

Es kamen noch „magische“ Orte wie Turfan, Dunhuang am Ausläufer der Wüste Gobi oder Jiayuguan, wo danach das Barbarenland beginnt. Klöster, Tempel und Buddha-Grotten begleiteten unseren weiteren Weg bis nach Xi'an, der alten Kaiserstadt mit der Terrakotta-Armee, dem eigentlichen Ausgangspunkt jeder Reise nach dem damaligen Europa.

Eine faszinierende Reise, die alles enthält weswegen man eigentlich auf Reisen geht; grandiose Landschaften, freundliche Menschen und fremdartige Kulturen und auch das Essen ist immer wieder ein interessantes Erlebnis.

Dem Reiseteam Neumann & Streng sei Dank! Sie haben es mit IKARUS ermöglicht, dass ich trotz Streik diese Reise doch noch machen konnte.



September 2012, J. R.